Die Einführung von Smart Metern ist ein wichtiger Meilenstein der Energiewende. Mit dem Ziel, Smart Meter bis 2030 flächendeckend einzuführen, ergeben sich vielfältige Herausforderungen und Chancen für Energieversorger und Verbraucher. Im Fokus dieses Beitrages stehen die Untersuchung der Grundlagen des Smart Meter Rollouts, die Analyse der gesetzlichen Änderungen und der daraus resultierenden strategischen Implikationen für Energieversorger im Rahmen der flexiblen Tarifgestaltung von handelbaren Wholesale-Produkten.
Der Smart Meter Rollout ist entscheidend für die Transformation der Energiewirtschaft. Diese intelligenten Stromzähler ermöglichen nicht nur alle 15 Minuten eine genaue Verbrauchsmessung, sondern eröffnen den Verbrauchern auch die Möglichkeit, ihren Energieverbrauch über Applikationen oder Webportale zu überwachen. Gesetzliche Vorgaben sehen vor, dass bis 2030 alle Haushalte und Unternehmen mit einem Jahresstromverbrauch von mehr als 6.000 kWh oder einer Photovoltaikanlage von mehr als 7 kW mit Smart Metern ausgestattet sein müssen. Zudem besteht ab dem 01. Januar 2025 für sämtliche Verbraucher, ungeachtet ihres Verbrauchsverhaltens oder ihrer installierten Anlagen, die Möglichkeit, beim entsprechenden Messstellenbetreiber die Installation eines intelligenten Messsystems anzufordern. Dies fördert die Transparenz des Energieverbrauchs und ermöglicht die Identifikation von Verbesserungspotenzialen.
Die Digitalisierung des Energiemarktes durch Smart Meter ermöglicht eine effizientere Verbrauchsmessung und schafft die Grundlage für eine aktive Beteiligung der Verbraucher an der Energieregulierung. Die Möglichkeit, den Verbrauch in Echtzeit zu überwachen und an individuelle Bedürfnisse anzupassen, schafft Raum für Energieeinsparungen und Effizienzsteigerungen.
Die §§ 13 und 14 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) stellen grundlegende Instrumente für Energieversorger dar, um einen effizienten Lastenausgleich zu gewährleisten und gleichzeitig Transparenz und Steuerungsmöglichkeiten für Verbrauchseinrichtungen zu ermöglichen. Durch diese gesetzlichen Bestimmungen können Energieversorger ihre Netze besser ausbalancieren, den Verbrauch besser prognostizieren und auf Schwankungen im Energiebedarf reagieren, was letztendlich zu einer zuverlässigen und wirtschaftlichen Energieversorgung führt. In der nachfolgenden Tabelle sind die Kernaussagen beider Paragraphen sowie ihre jüngsten Änderungen aufgelistet.
Legt fest, dass Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung ab dem 1. Oktober 2024 berechtigten Teilnehmern ermöglichen müssen, Strommengen in zusätzlichen zuschaltbaren Lasten zu nutzen, um die Reduzierung der Wirkleistungserzeugung von Anlagen wegen strombedingter Engpässe zu verringern.
Schafft Transparenz bzgl. der Netzkarte von Verteilnetzbetreibern, um den Bedarf an öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur zur Verfügung zu stellen.
Legt fest, dass die Bundesnetzagentur einheitliche Regeln festlegen kann, die Verteilnetzbetreiber dazu verpflichtet, Vereinbarungen zur Steuerung von Verbrauchseinrichtungen abzuschließen, um das Netz zu entlasten und Netzentgelte zu reduzieren.
Schreibt vor, dass Verteilnetzbetreiber, die Flexibilitätsdienstleistungen anbieten, diese in einem transparenten, diskriminierungsfreien und marktgestützten Verfahren beschaffen müssen. Die Spezifikationen für die Beschaffung müssen von der Bundesnetzagentur genehmigt, können aber auch von ihr vorgegeben werden. Die marktgestützte Beschaffung kann durch die Bundesnetzagentur ausgesetzt werden, wenn diese nicht wirtschaftlich effizient ist, zu schwerwiegenden Marktverzerrungen oder zu stärkeren Engpässen führen würde.
Fordert Verteilnetzbetreiber auf, der Bundesnetzagentur alle zwei Jahre einen Plan für ihr jeweiliges Elektrizitätsverteilnetz (Netzausbauplan) vorzulegen, beginnend zum 30. April 2024.
Tabelle 1: Wichtige Paragraphen des EnWG
Mit den jüngsten gesetzlichen Änderungen im EnWG ergeben sich sowohl Chancen als auch Risiken für Energieversorger und Netzbetreiber, insbesondere im Zusammenhang mit dem Rollout von Smart Metern. Gemäß den aktualisierten Regelungen des § 14a EnWG erhält die Bundesnetzagentur die Befugnis, einheitliche Regeln festzulegen, die Verteilnetzbetreiber dazu verpflichten, Vereinbarungen zur Steuerung von Verbrauchseinrichtungen abzuschließen.1 Der Netzbetreiber darf den Anschluss von Wärmepumpen oder neuen privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern. Im Gegenzug darf der Netzbetreiber, wenn eine akute Beschädigung oder Überlastung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär „dimmt“. Diese Maßnahme muss sich aus objektiven Kriterien der Netzzustandsermittlung ableiten. Die Netzzustandsermittlung stellt die aktuelle Netzauslastung anhand von Echtzeit Messwerten dar. Zu diesem Zweck ist eine zügige Digitalisierung der Niederspannungsnetze inklusive Erhebung von Echtzeit-Messwerten notwendig.2 Ziel dieser Maßnahme ist es, das Stromnetz zu entlasten und die Netzentgelte zu reduzieren, indem Verbrauchsspitzen gezielt abgemildert werden. Als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung dieser Flexibilität im Netz darf der Verbraucher aus unterschiedlichen Modellen der Netzentgelte wählen, die erhebliche Einsparungen mit sich bringen. Die Implementierung von Smart Metern spielt hierbei eine zentrale Rolle, da sie die Datenerfassung und -übertragung in Echtzeit und somit eine präzisere Steuerung des Energieverbrauchs ermöglichen. In § 13k EnWG finden sich wiederum Regelungen, die das Ziel verfolgen, den Energieverbrauch zu erhöhen. Betreiber von Übertragungsnetzen mit Regelzonenverantwortung müssen ab dem 1. Oktober 2024 berechtigten Teilnehmern ermöglichen, Strommengen in zusätzlichen zuschaltbaren Lasten zu nutzen, um die Reduzierung der Wirkleistungserzeugung von Anlagen wegen strombedingter Engpässe zu verringern.3 Des Weiteren legt § 14a EnWG den rechtlichen Rahmen für die Integration von Flexibilitätsdienstleistungen in den Energiemarkt fest. Verteilnetzbetreiber sind nun dazu angehalten, Flexibilitätsdienstleistungen transparent, diskriminierungsfrei und marktgestützt zu beschaffen.4 Auch hier können Smart Meter eine wichtige Rolle spielen, indem sie Echtzeitdaten über den Energieverbrauch liefern und eine effiziente Nutzung von Flexibilitätsressourcen ermöglichen.
Durch die gesetzlichen Änderungen des § 14a und § 14c EnWG und dem damit einhergehenden Smart Meter Rollout wird das Prognose- und Beschaffungsrisiko der Energieversorger erhöht, da der dynamische und detaillierte Charakter der Daten, die von Smart Metern generiert werden, eine präzisere Planung erfordert. Energieversorger müssen sich darauf einstellen, dass traditionelle Prognosemethoden möglicherweise nicht mehr ausreichen, um den Energiebedarf genau vorherzusagen. Ein weiteres Risiko im Zusammenhang mit dem Smart Meter Rollout ist die Prozess- und Systeminteroperabilität. Die Integration von Smart Metern erfordert eine Anpassung der bestehenden Prozesse und Systeme, um eine nahtlose Interaktion zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass vorhandene IT-Systeme und Geschäftsprozesse so angepasst werden müssen, dass sie mit den neuen Anforderungen kompatibel sind. Trotz der Risiken bietet der Smart Meter Rollout auch beträchtliche Chancen für Energieversorger, ihre Geschäftsstrategien anzupassen und ihr Angebot an Energieprodukten weiterzuentwickeln. Durch die Einführung von Smart Metern können Energieversorger nun auf eine Vielzahl von Echtzeitdaten zugreifen, die es ermöglichen, das Kundenverhalten besser zu verstehen und maßgeschneiderte Angebote zu entwickeln. Beispielsweise können Energieversorger innovative Tarifstrukturen einführen, die auf dem tatsächlichen Verbrauchsverhalten der Kunden basieren und so die Kundenbindung stärken. Die Regelung des § 14a EnWG bietet den Energieversorgern die Möglichkeit, durch steuerbare Verbrauchseinrichtungen neue Marktchancen zu ergreifen und ihren Kunden weiterentwickelte Energieprodukte und -dienstleistungen anzubieten.
In einer sich rasant wandelnden Energiewirtschaft sind Energieversorger zunehmend gefordert, Strategien zu entwickeln, die den Einsatz von Flexibilitäten und Smart Metern effizient integrieren. Die strategischen Implikationen erstrecken sich über verschiedene Dimensionen, wobei operative Effizienz und flexibles Lastmanagement im Zentrum stehen.
Die Einführung von Smart Metern ermöglicht eine präzise Messung und Steuerung des Energieverbrauchs, was zu einer Optimierung der Betriebsprozesse führt. Die Verfügbarkeit von Echtzeitdaten und automatisierten Systemen trägt zur Steigerung der operativen Effizienz bei, indem sie eine flexiblere Anpassung an die sich dynamisch verändernden Anforderungen des Energiemarktes ermöglichen.
Die Implementierung von flexiblen Lastmanagementstrategien ermöglicht Energieversorgern nicht nur eine effektive Reaktion auf Schwankungen im Stromangebot und -bedarf, sondern eröffnet auch die Möglichkeit zur Einführung innovativer Preismodelle. Dynamische und flexible Tarifstrukturen basierend auf Echtzeitnachfrage und Angebot bieten ein differenziertes Angebot für die Endverbraucher und fördern einen bewussteren Umgang mit Energie. Am Beispiel eines Elektroautos mit Wallbox wird die intelligente Lastverschiebung deutlich. Das Kundenversprechen des Versorgers besagt, dass das Auto am nächsten Morgen geladen ist. Durch ein gesteuertes Laden und die intelligente Lastverschiebung unter Berücksichtigung der Dayahead Preise und Prognosen, kann das Auto in den frühen Morgenstunden günstiger geladen werden als am Abend. Neben der Ersparnis durch den optimierten Energieeinkauf, wird auch die Netzstabilität erhöht. Daraus resultiert eine Win-Win-Situation für Kunden und Versorger.
Durch die Aggregation der Flexibilitätsleistungen ergeben sich weitere Anwendungsfälle:
Die strategischen Implikationen beeinflussen auch Schlüsselbereiche wie Kundenbindung und -zufriedenheit. Smart Meter ermöglichen Endverbrauchern eine detaillierte Überwachung ihres Energieverbrauchs und liefern den Energieversorgern Daten in Echtzeit, was die Grundlage für personalisierte Dienstleistungen und kundenspezifische Angebote bildet. Dies stärkt die Kundenbindung und fördert eine transparente und vertrauensvolle Beziehung zwischen Energieversorgern und ihren Kunden. Zudem können die detaillierten Daten des Kundenverhaltens eine Chance für die Energieversorger bieten, die Beschaffung zu optimieren.
Die strategische Ausrichtung erfordert aber auch eine umfassende Berücksichtigung der regulatorischen Anforderungen und eine aktive Teilnahme an regulatorischen Diskussionen, um die Interessen des Unternehmens zu vertreten. Energieversorger sollten vorausschauend agieren, um zukünftigen Entwicklungen gerecht zu werden. Zudem sollte eine Kultur der Innovationen gefördert und der MVP-Ansatz betont werden. Dabei ist es beispielsweise akzeptabel, dass vorübergehend manuelle Abrechnungen erforderlich sind, um den Prototypen zu testen und weiterzuentwicklen. Partnerschaften und Zusammenarbeit mit Technologieanbietern, Start-Ups und anderen Branchenakteuren sind entscheidend, um innovative Lösungen zu entwickeln und Ressourcen effektiv zu bündeln.
Die Einführung von Flexibilitäten und Smart Metern erfordert eine umfassende Strategie der Energieversorger, die alle Unternehmensbereiche berücksichtigt. Sie positioniert Energieversorger nicht nur für die Zukunft, sondern auch in Anpassung an aktuelle Marktbedingungen. Agile Methoden sind entscheidend, um schnell auf sich ändernde Anforderungen zu reagieren. Insbesondere durch Prototypen können Innovationen frühzeitig validiert und Wettbewerbsvorteile erlangt werden. Dies ermöglicht neben einer beschleunigten Markteinführung und erfolgreichen Umsetzung von Lösungen auch die regelmäßige Berücksichtigung des Feedbacks der Kunden.
Der Fortschritt beim Rollout von Smart Metern bringt für Energieversorger sowohl Herausforderungen als auch Chancen mit sich. Durch eine gründliche Analyse der Grundlagen des Rollouts und der aktuellen gesetzlichen Änderungen lassen sich wichtige strategische Implikationen ableiten, die eine ganzheitliche Anpassung der Unternehmensstrategie erfordern. Die Integration von Flexibilitäten und Smart Metern ermöglicht neben einer genaueren Steuerung des Energieverbrauchs auch die Einführung innovativer Preismodelle und maßgeschneiderter Produkte sowie Dienstleistungen.
Energieversorger sollten flexibel auf die sich verändernden Marktbedingungen reagieren und Innovationen frühzeitig validieren. Dies kann durch die Implementierung von Prototypen und die kontinuierliche Berücksichtigung des Kundenfeedbacks erfolgen. Eine umfassende Strategie, die regulatorische Anforderungen berücksichtigt und auf Partnerschaften setzt, ist entscheidend, um die Position in der dynamischen Energiewirtschaft zu stärken und langfristigen Erfolg zu gewährleisten.
Die Nutzung von Smart Metern und Flexibilitäten bietet die Möglichkeit, den Energieverbrauch präziser zu steuern und gleichzeitig die Kundenzufriedenheit zu steigern. Durch die verstärkte Nutzung von Echtzeitdaten können Energieversorger ihr Angebot anpassen und ihren Kunden personalisierte Lösungen anbieten. Zudem ermöglicht die Integration von Flexibilitäten die Schaffung neuer Geschäftsmodelle und die Erschließung neuer Marktchancen.
Insgesamt erfordert die Einführung von Smart Metern und Flexibilitäten eine ganzheitliche Strategie, die alle Unternehmensbereiche berücksichtigt und auf eine agile Anpassung an die sich wandelnden Marktbedingungen setzt. Durch eine konsequente Umsetzung dieser Strategie können Energieversorger ihre Wettbewerbsposition stärken und ihren langfristigen Erfolg sichern.
Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – EnWG) – § 14a
Bundesnetzagentur, Fachthemen – Integration steuerbarer Verbrauchseinrichtungen
Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – EnWG) – § 13k
Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz – EnWG) – § 14c